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Im FAZ-Gespräch: Der BDA-Vorsitzende Michael Schumacher

19. Januar 2009

Der Frankfurter Architekt über Fachwerkhäuser, überflüssige Berater und die Frage, was einen guten Platz ausmacht.

„Wir Architekten werden zu den Gewinnern der Krise zählen“

Michael Schumacher führt gemeinsam mit Till Schneider eines der bekanntesten deutschen Architekturbüros. Mit der Infobox in Berlin wurde Schneider + Schumacher überregional bekannt. Demnächst endet Schumachers Amtszeit als Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten im Lande Hessen.

Die Fragen stellte Matthias Alexander.

2009-01-19_michael-schumacher_FAZ-Gespraech
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Michael Schumacher

Viele sagen, Frankfurt sei in den vergangenen Jahren ansehnlicher geworden. Ist bei den Bauherren in den vergangenen Jahren das Bewusstsein für die Bedeutung von guter Architektur gewachsen?
Gestiegen ist auf jeden Fall das Bewusstsein dafür, dass Architektur einen hohen Stellenwert für die Corporate Identity von Unternehmen und auch von Städten hat. Vom „Bilbao-Effekt“ und von „Leuchtturm-Projekten“ ist die Rede. Leider geht das oft auch in die falsche Richtung. Jenseits des Vordergründigen sollte es um guten, professionellen Städtebau und um hervorragende Architektur gehen. Das bedeutet nicht unbedingt Auffälligkeit.

Apropos „Bilbao-Effekt“, der auf Marketing durch spektakuläre Architektur zielt: Braucht denn Frankfurt mehr Gebäude, die diesen Effekt bedienen, oder ist eher eine Beruhigung des Stadtbildes gefragt?
Dafür gibt es keine generelle Antwort. Fatal wird der „Bilbao-Effekt“, wenn damit etwas Verrücktes oder Komisches verbunden wird. Das ist wie mit dem Essen: Ab einer gewissen Sättigungsgrenze ist der Appetit weg. Wenn „Bilbao-Effekt“ bedeutet, dass etwas architektonisch außergewöhnlich Gutes – wie es Frank Gehrys Guggenheim-Museum in Bilbao ja ist – entsteht, dann kann ich nur sagen: Ja, wir brauchen mehr „Bilbao“. Das Columba-Museum von Peter Zumthor in Köln gehört zu dieser Kategorie hochwertiger Architektur. Wie gerade dieses Beispiel zeigt, geht es aber um Qualität und nicht um Auffälligkeit. Die Inszenierung eines vordergründigen Spektakels wäre in der Kölner Innenstadt falsch gewesen.

Wie ist es mit Ihrem eigenen Entwurf für den Anbau des Städelmuseums? Der versteckt sich ja einerseits weitgehend unter der Erde, andererseits ist er außergewöhnlich. Fällt er noch unter „Bilbao“?
Ja. Unseres Erachtens ist das „Bilbao“ im besten Sinn des Wortes. Dem Entwurf liegt eine klare und originelle Formidee zugrunde, die so noch nicht existiert. Unter die Erde zu gehen und damit den Garten zu erhalten war eine plausible und naheliegende Lösung. Die Herausforderung bestand darin, eine im Verschwinden extrem präsente und spektakuläre Form zu finden beziehungsweise zu entwickeln. Wie man sieht, muss gute Architektur nicht groß, nicht schief, nicht krachend und nicht teuer sein. Vordergründigkeit hat sich abgenutzt. Dies gilt für mich aber ebenso für die sehr konservativen, historisierenden Architekturen, wie sie seitens mancher Kreise immer wieder gefordert werden. In der Architektur, wie auch im übrigen Leben, muss der Fortschritt aus dem Inhalt, aus der Aufgabe kommen.

Wo ist der Entwurf von Arno Lederer für das Historische Museum einzuordnen? Lederer sagt, er habe auf die Formensprache der historischen Altstadt Bezug genommen; die Rekonstruktionsbefürworter halten den Entwurf für völlig unangemessen.
Der Entwurf von Lederer, Ragnarsdóttir, Oei für das Historische Museum ist gut für Frankfurt. Er lässt sich auf den Ort ein, reagiert auf ihn und denkt die Altstadt weiter. Zugleich ist es ein in sich schlüssiger, eigenständiger Entwurf, der die Aufgabe eines großen, öffentlichen Gebäudes erfüllt. Kleine Fachwerkhäuschen sind keine Alternative dazu, sie wären geradezu lächerlich.

Mancher Architekt sagt ja, wenn man nur ein paar Jahre wartete, werde man auch den Betonbau des Historischen Museums mit mehr Milde betrachten.
Das wird vermutlich so sein. Die öffentliche Bewertung der Kunst- und Kulturproduktion unterliegt einem zeitlichen Versatz. In der Architektur bedarf es meiner Einschätzung nach mindestens 50 Jahre zeitlicher Distanz, um über Qualitäten vernünftig sprechen zu können.

Was bedeutet das für das Technische Rathaus?
Ich stehe dem geplanten Abriss des Technischen Rathauses mit gemischten Gefühlen gegenüber. Für sich und aus seiner Entstehungszeit betrachtet, ist das Gebäude nicht schlecht, auch wenn es heute vielen Leuten nicht gefällt, was natürlich zu einem erheblichen Teil auch am ungepflegten Zustand liegt. Aber die Stadt hat sich die letzten Jahre verändert. Den Wunsch, an dieser Stelle eine kleinteiligere Bebauung zu haben, die nicht mit dem Dom und dem Römer konkurriert, finde ich nachvollziehbar. Das Technische Rathaus integriert sich einfach nicht in den städtebaulichen Kontext. Doch bevor man aus diesem Wunsch ein konkretes Projekt macht, müssen Fragen der Nutzung und der Finanzierung geklärt werden. Davon sind wir, so scheint es mir, noch weit entfernt.

Die Auseinandersetzung über die Neubebauung des Dom-Römer-Areals war lebhaft. Hat der Dialog zwischen BDA und den „Altstadt-Freunden“ über die Altstadtbebauung für Sie einen positiven Effekt gehabt, hat man sich angenähert?
Durch seine Aktionen und Statements hat der BDA die Öffentlichkeit und die Politik insgesamt beraten wollen, nicht eine kleine Gruppierung. Als Architekten, die etwas vom Häuserbauen verstehen, die versuchen, Fragen der Gestaltung und der Nachhaltigkeit klug auszubalancieren, können wir den Menschen nur empfehlen, sich der Herausforderungen unserer Zeit mit zeitgemäßen Mitteln anzunehmen. Das ist für mich der Kerngedanke der Moderne. In die Vergangenheit zu schauen, diese zu idealisieren, um es dann wieder aufbauen zu wollen, ist falsch. Aus sentimentalen Gründen kann man vielleicht einzelne Bauten wieder errichten, wie das Beispiel der Frauenkirche in Dresden zeigt. Im Fall Frankfurts glaube ich allerdings nicht, dass die Menschen es sich tatsächlich wünschen, Steuergelder in beträchtlicher Höhe für das Ausleben der Nostalgie einiger weniger auszugeben.

Und wenn die Nostalgie in einer repräsentativen Umfrage bestätigt würde?
Wird der Wunsch der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit ausführlichen Informationen zum städtebaulichen Vorhaben und seinen architektonischen und denkmalpflegerischen Konsequenzen, aber auch zu den Kosten geäußert, muss man im Sinne der Denkmalpflege darauf bestehen, dass alles so aufgebaut wird, wie es tatsächlich war. Kulissenbauten, wie sie von manchen entgegen dem Rat der Fachleute gefordert werden, sind für mich inakzeptabel und wären eine Blamage. Die Ostzeile am Römer finde ich in Ordnung, weil man sich zumindest um wirklich originalgetreue Fassaden bemüht hat.

Wie sollen die Architekten denn mit dem Vorwurf umgehen, es gehe ihnen nur um ihr Ego?
Das Problem existiert gar nicht. Jeder Fachmann, ob Arzt, Rechtsanwalt oder eben Architekt, ist verpflichtet fachlich begründet zu argumentieren – und zwar auch dann, wenn dies nicht gehört werden will. Die Architekten – ich meine hier natürlich insbesondere die BDA-Architekten – sind eine sehr vernünftige, um eine ganzheitliche Sicht bemühte Berufsgruppe. Der Künstlertypus steht bei uns gar nicht im Vordergrund. Wenn so viel von „Stars“ die Rede ist, dann haben das die Medien zu verantworten. Es sind sie, die bestimmte Architekten so penetrant zu „Stars“ aufblasen, dass es einem schon peinlich sein müsste, einer zu sein. Die Lederers dieser Welt, die etwas machen, was mit dem jeweiligen Standort zu tun hat, was auf ökologische Aspekte achtet und so weiter, sind bei uns die Regel.

Weltweit werden spektakuläre Projekte zurückgestellt. Trifft die Finanzkrise auch die hiesigen Architekten?
Ich bin kein Weltwirtschaftsexperte, aber mir schwant nichts Gutes in Bezug auf die Bautätigkeit. Aber ich bin Optimist, und deshalb glaube ich, dass die Berufsgruppe der Architekten zumindest mental zu den Gewinnern der Krise zählen wird, die ich für eine generelle Wertekrise halte. Denn im Gegensatz zu vielen Kritikern unseres Berufsstandes vertreten wir Architekten nicht eindimensionale wirtschaftliche Interessen und machen uns auch nicht die Taschen dabei voll, sondern wir arbeiten hart auf der Basis eines gesamtgesellschaftlichen Wertekanons. Wir planen die Schulen so, dass wir unsere Kinder auch hinschicken wollen, und die Bürogebäude so, dass wir selbst darin arbeiten möchten. Und unsere Kostenschätzungen und Terminpläne sind Werke der Präzision im Vergleich zu dem, was uns die Finanzwelt im Moment vorführt.

Ganz konkret herrscht aber nicht die Sorge vor, dass wegen der Krise nichts geht?
Doch, sicherlich. Bei uns im Büro wurden bisher zwei Aufträge storniert mit Hinweis auf die wirtschaftliche Situation. Aber möglicherweise lassen sich Teile der Leistungen, die früher ganz selbstverständlich von den Architekten übernommen wurden und zuletzt an Finanzjongleure verlorengingen, wieder zurückgewinnen. Ich meine dabei den gesamten Sektor des Steuerns und Kontrollierens. Das finanzielle Desaster der EZB-Ausschreibung liegt auch an der Art, wie heute geplant wird. Beim Bauen gibt es heute mehr Juristen und Betriebswirte als Planer, die Zeichnungen erarbeiten und Menschen, die Steine, Glas und Beton verarbeiten können. Es gibt auch mehr Berater als Menschen, die Entscheidungen treffen können und wollen. Es gibt mehr Angst vor dem Risiko als Freude und Mut voranzukommen.

Das heißt, vor allem die Berater haben das Bauen teurer gemacht?
Auf jeden Fall wünsche ich mir sehr, dass Bauherren und Architekten wieder direkter ins Gespräch miteinander kommen; dass Bauherren sich ihrer Rolle als Entscheider wieder mehr bewusst werden und diese auch wahrnehmen und nicht wegdelegieren. Bauen ist ja leider oder Gott sei Dank kein eindimensionaler Optimierungsvorgang: Es geht um die Integration in den Kontext, räumlich und kulturell, es geht um Effizienz, um Nachhaltigkeit, Ästhetik, Kosten, Termine – es geht um viele Faktoren, die zu einem großen Teil auch noch Zielkonflikte beinhalten. Nach wie vor kann nur dann ein gutes Resultat dabei herauskommen, wenn es den Architekten gibt, der das Gesamtziel im Auge hat.

Es ist auffällig, dass in den vergangenen Jahren immer weniger Wettbewerbe stattgefunden haben, sondern eher Verfahren, zu denen ein kleiner Kreis von Architekten eingeladen wurde. Schadet das nicht der Baukultur, weil immer weniger Nachwuchsarchitekten eine Chance bekommen?
Der offene geistige Wettbewerb, wie ihn nur die Berufsgruppe der Architekten der Gesellschaft anbietet, ist unverzichtbar für Bauvorhaben von herausragender Bedeutung für die Allgemeinheit. Gutachterverfahren mit einem beschränkten Kreis von ausgewählten Büros stellen dagegen eine gute Möglichkeit dar, um zu einer höheren Qualität bei alltäglichen privatwirtschaftlichen Aufgaben zu gelangen. Da wir uns nicht mehr in der Nachkriegszeit befinden, in der Deutschland sozusagen neu errichtet werden musste, sollten große Wettbewerbe nur auf wirklich große Aufgaben abzielen, weil sie die Büros stark belasten.

Weil die Chance zu gering ist, als Sieger hervorzugehen?
Ja, das liegt in der Natur der Sache. Für mich ist es oft erstaunlich, wie unsere Gesellschaft auf Wettbewerbsergebnisse reagiert. Anstatt sich erst einmal bei den teilnehmenden Architekten zu bedanken, dass sie sich ohne Bezahlung viele Gedanken über ein städtisches Problem gemacht haben und ihre Vorschläge auch noch sehr hübsch zu Papier gebracht haben, wird im Allgemeinen herumgemäkelt. In der Tat sind Wettbewerbsverfahren nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch für die Ausschreiber mit einem gewissen Aufwand verbunden. Daher sind vor allem privaten Bauherren kleinere Verfahren lieber. Sie bezahlen etwas für die Planungsleistung und bekommen mehrere Lösungen, die sie untereinander vergleichen können. Der Bauherr hat eine Auswahl, und die Architekten erhalten ein Honorar für die erbrachte Leistung. Damit ist beiden Seiten gedient.

Und der Nachwuchs?
Es ist sicherlich so, dass etablierte Büros leichter in diese Verfahren hineinkommen als kleine, junge Büros. Da wird aber von Netzwerken wie dem BDA im Sinne der jungen Büros gezielt gegengesteuert. Insgesamt finde ich es eine positive Entwicklung, dass es mehr Gutachterverfahren gibt.

Es gibt ein weiteres Problem mit den Gutachterverfahren. Die Auswahl der Architekten, die Zusammensetzung der Jury und deren Entscheidungsfindung sind für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar. So wurde im Fall des Hochhauses „T 185“ nur der Siegerentwurf publiziert. Muss es nicht im Fall von Gebäuden mit starker Wirkung auf das Stadtbild transparenter zugehen?
Ja, so sollte es sein. In solchen Situationen liegt es in der Verantwortung der Stadt, die privaten Bauherren davon zu überzeugen, dass es am Ende für alle Beteiligten das Beste ist, mit offenen Karten zu spielen.

Wie gefällt Ihnen die neu gestaltete Platzfolge Roßmarkt-Goetheplatz-Rathenauplatz, die schon von vielen Seiten kritisiert worden ist?
Mich beglückt der Platz auch nicht.

Was macht einen guten Platz aus?
Zuerst sind die Platzproportionen zu nennen, die im Fall Roßmarkt-Goetheplatz-Rathenauplatz im Grundriss schon sehr unglücklich sind. Auch die den Platz umrahmenden Gebäude und deren Fassaden haben eine große Bedeutung. Für die eigentliche Platzgestaltung spielt der Bodenbelag eine gewaltige Rolle, sowohl was die Wirkung angeht als auch in Bezug auf die Kosten. Grundsätzlich gibt es gute steinerne Plätze und auch sehr schöne mit Baumbestand. Was an einem bestimmten Ort richtig ist, hängt von der Nutzung und dem Charakter im Kontext der Stadt ab. Zu guter Letzt spielt die Möblierung eines Platzes eine gewichtige Rolle. Der Frankfurter Bahnhofsplatz ist ja hauptsächlich deshalb so furchtbar, weil er so chaotisch zugestellt ist. Leider haben wir in Frankfurt wenig gute Plätze. Der Römerberg gehört zu den guten Beispielen.

Was macht denn den Römerberg gut?
Allgemein gesprochen, entspricht die ehrwürdige Gestalt der gesellschaftlichen Bedeutung des Ortes. Im Detail spielt die interessante Topografie eine wichtige Rolle, natürlich auch die schönen Fassaden. Wichtig ist das zurückhaltend gestaltete und in einer vernünftigen Qualität verlegte und gut gepflegte Pflaster. Wichtig ist auch, dass der Platz bis auf den Gerechtigkeitsbrunnen leer ist: Was hier im Mittelpunkt steht, sind die Menschen.

Leidet das Frankfurter Stadtbild nicht auch darunter, dass im öffentlichen Raum keine Gestaltungsidee durchgehalten wird? Christoph Mäckler hat vorgeschlagen, dass ein Stadtbaumeister sich dieser Dinge annehmen soll. Ist eine solche Instanz sinnvoll?
Anders als Christoph Mäckler bin ich nicht für die Einführung von Autoritäten, die es dann richten sollen. Für mein Gefühl passt ein solcher Weg auch nicht zur freien Bürgerstadt Frankfurt. In der Sache ist der Hinweis zwar richtig, dass es einer Gestaltungsidee für den öffentlichen Raum bedarf, einer Vorstellung davon, was etwa ein schöner öffentlicher Raum hier in Frankfurt ist oder sein kann. Doch in der heutigen Zeit sollten wir eher auf unabhängige fachliche Beratung und auf Dialog setzen. Meiner Ansicht nach könnte ein mit Fachleuten von außerhalb besetzter, echt unabhängiger Gestaltungsbeirat sehr dienlich sein.

Die Stadt versucht, zumindest im Fall der Hochhäuser, weitblickend zu planen. Sind die Prinzipien des aktuellen Hochhausrahmenplans angemessen, ausgewachsene Hochhäuser in den vorhandenen Clustern zuzulassen und sogenannte Hochpunkte von 60 bis 80 Metern über die Stadt zu verteilen?
Der Hochhausrahmenplan, den Jourdan und Müller erarbeitet haben, erscheint mir insgesamt als eine vernünftige Grundlage.

Wäre es aber nicht besser, auf 80-Meter-Stummel zu verzichten, die ästhetisch oft unbefriedigend sind, weil sie den Maßstab ihrer Umgebung sprengen, aber keine Fernwirkung haben?
Generell würde ich die Parole ausgeben, Hochhäuser hoch und schlank zu bauen. Gestalterisch sollten sie eher mit dem Himmel, hell und schimmernd, als mit dem Boden verbunden sein. Die Gebäude bis zu sechs Geschossen sollten dafür ein solides Fundament bilden. Doch wichtiger, als es allen und jedem recht machen zu wollen, ist es, dass es einen Hochhausentwicklungsplan gibt und dieser respektiert und nicht ständig in Frage gestellt wird.

Sind die beiden Türme des Palais Quartier an der Zeil, dem früheren „Frankfurt Hoch Vier“, gelungen?
Das ist alles schon ganz schön wuchtig – und ziemlich nahe am Römer.

Das wurde damals von der Politik durchgewinkt, es gab auch keine große öffentliche Debatte darüber. Wäre es nicht wünschenswert, dass sich Architekten, wenn sie Unheil sehen kommen, stärker einmischen?
Die Verantwortung liegt in diesem Fall bei der Politik; die Öffentlichkeit wurde erst spät informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt. Um aktiv zu werden, müssen die Architekten das Unheil, wenn es denn eines ist, wirklich kommen sehen, und es muss auch eine reelle Chance geben, über solche Projekte zu diskutieren und sie gegebenenfalls zu verhindern oder zu verändern. Hier noch einmal der Hinweis auf einen unabhängigen Gestaltungsbeirat.

Ihre Amtszeit als Vorsitzender des BDA Hessen endet demnächst. Worum haben Sie sich vorrangig gekümmert?
Mir ging es im Wesentlichen darum, die Rahmenbedingungen der Arbeit der Architekten zu verbessern. Architekten sollten so viel Zeit wie möglich in ihre eigentliche Arbeit, in den Entwurf und in die Ausarbeitung der Details, legen. Es ist nicht hinnehmbar, dass wir uns mehr und mehr mit rechtlichen Belangen beschäftigen müssen, um nicht in Haftungsfallen zu geraten, die völlig unzumutbar sind. Deshalb standen das Thema Haftung und auch die Sicherung unserer Honorarordnung für mich im Vordergrund.

Was wird die Hauptaufgabe Ihres Nachfolgers im BDA-Vorsitz sein?
Das wird sie oder er natürlich selbst bestimmen. Ich vermute, dass das Thema Haftung wichtig bleiben wird. Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, dass wir die Suche nach geeigneten Verfahren oder Gremien, die die Stadtgestalt steuern helfen, Stichwort Gestaltungsbeirat, durch unsere Kompetenz begleiten sollten. Vor allem aber müssen wir die derzeitige Krise des einseitig profitorientierten Denkens nutzen, um auf die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Sicht hinzuweisen. Gerade bei Fragen des Städtebaus und der Architektur sollte sich die Politik den Rat der Fachleute einholen, und das sind wir, die Architekten.

Angenommen, Ihr Patenkind käme zu Ihnen und sagte, es wolle Architektur studieren. Würden Sie zuraten?
Ich würde sagen: Wenn du das wirklich vorhast, dann mach es. Architektur bedarf der Leidenschaft für die Stadt und die gebaute Umwelt insgesamt. Ist eine solche Leidenschaft da, sollte man sie ausleben.

Ist Architekt noch ein Traumberuf?
Es gibt keinen schöneren Beruf – wenn man nicht in erster Linie an freien Wochenenden und an Reichtum interessiert ist.

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